Vom Lehrling zum Produktionschef

Im zweiten Teil unserer Serie berichtet Peter Künne von seiner Zeit bei der Alsen Zementfabrik – und warum er ihr bis heute treu geblieben ist

Norddeutsche Rundschau vom 24.07.2013

Gesichter und Geschichten hinter Itzehoer Traditionsunternehmen stellen wir in unserer neuen Serie vor. Heute: Peter Künne, der viele Jahre in der Alsen-Zementfabrik arbeitete.

 

Itzehoe

Peter Künne ist ein Alsen-Urgestein: Schon seine Lehre zum Maschinenschlosser absolvierte er in den 50er Jahren bei den Alsen’schen Portland-Cement-Fabriken KG in Itzehoe. Im Anschluss daran blieb er für über ein Jahr als Schlossergeselle dort, bevor er 1960 ein Maschinenbau-Studium in Hamburg begann – inklusive einem freiwillig gewählten Kurs im Nivellieren, seinem späteren Spezialgebiet. Als Diplom-Ingenieur fing er anschließend in der Zementabteilung von Krupp an, kehrte aber auf Anfrage des damaligen Oberingenieurs Hans Sill 1965 nach Itzehoe zu Alsen zurück.

Dort erwarteten ihn ein angemessenes Gehalt und eine Werkswohnung, für die er nur 200 DM Miete zahlen musste. Im Zuge der Fusion 1972 wechselte er in das Lägerdorfer Werk. Aus der Werkswohnung wurde ein Reihenhaus samt Gartenservice („Die haben uns den Rasen gemäht und die Hecken geschnitten. Und wenn was kaputt ging, wurde es repariert.“), aus dem Instandhaltungs- ein Produktionschef – „ein super Job!“ Dass er es später bis zum technischen Direktor schaffte, verdankt er seinem Ehrgeiz. „Wenn sich eine Chance ergab, habe ich sie genutzt“, sagt der 76-Jährige. Für zahlreiche Einsätze im Ausland besserte er außerdem sein Englisch auf und besuchte einen Spanisch-Kurs, um sich auch in Ländern wie Mexico verständigen zu können. Und: „Wenn ich nachts wegen einer Störung angerufen wurde, war ich sofort da – obwohl meiner Frau das nicht so gut gefallen hat.“ Geschadet hat es der Beziehung scheinbar nicht, in diesem Jahr feiern sie goldene Hochzeit. Künne weiß, dass seine Frau ihm auch beruflich weitergeholfen hat: „Sie hat mir den Rücken freigehalten und unsere Kinder groß gezogen.“

Ebenso, wie er seine Kinder ermutigt, neue Herausforderungen anzunehmen anstatt davor in die Knie zu gehen, motivierte der Itzehoer auch die zeitweise bis zu 50 Auszubildenden in der Zementfabrik. Auf sie habe er immer besonders großen Wert gelegt, sie unterstützt und ihnen den Freiraum gegeben, sich auszuprobieren. „Jedes Jahr zu Weihnachten habe ich die Auszubildenden in die Kantine eingeladen und sie motiviert. Ich habe immer gesagt: ‚Ihr seid made in Germany‘.“

Auch auf die anderen Kollegen sei er eingegangen, habe sich gekümmert und im Ernstfall auch schon mal jemanden zu sich nach Hause eingeladen. „Ich habe immer versucht, kollegial zu bleiben“, sagt er heute. Auch mit dem Betriebsrat habe er sich verstanden. „Zwar gab es auch mal Streit, aber wir haben uns immer sauber in der Mitte getroffen.“ Bis heute pflegt er zu vielen ehemaligen Ingenieurs-Kollegen noch den Kontakt.

Auch an Lucian Alsen, den damaligen Besitzer der Fabrik, erinnert sich Peter Künne. Er sei besonders sauberkeitsliebend gewesen und verfolgte seine Prinzipien: „Klauen konnte er nicht ausstehen“, weiß Künne. Firmeneigentum wie Besen oder auch Glühbirnen versah er darum mit dem Schriftzug „Gestohlen bei Alsen“.

Allerdings habe ihm die Offenheit für Neuerungen gefehlt, weshalb das Itzehoer Werk „solide, aber altmodisch“ gewesen sei. So wurden für die Produktion einer Tonne Zement im Nassverfahren zwölf Tonnen Schweröl benötigt. Zum Vergleich: Ein neuer Ofen im Lägerdorfer Werk verbrauchte nur noch sieben Tonnen Öl. Heute wird bei der Konstruktion moderner Öfen darauf geachtet, dass ein möglichst großer Anteil des Brennmaterials durch Ersatzbrennstoffe wie zum Beispiel Altreifen ersetzt werden kann. „75 Prozent sind es momentan, 100 sollen es in Zukunft werden“, erklärt Künne.

„Ich bin immer gern zur Arbeit gegangen, weil es mir dort Spaß gemacht hat“, resümiert er heute. Darum übernimmt er auch jetzt noch, elf Jahre nach seiner Pensionierung, immer mal wieder freiberuflich Aufträge für Holcim. Doch demnächst soll damit Schluss sein – auch seiner Frau zuliebe.

Linda Kupfer