Jugend gegen Bürgerentscheid

Mitglieder des Jugendparlaments fürchten Verzögerung / Kritik an Missachtung des Nachwuchses

Befürchtet hatten es die Jugendlichen schon: „Wir hatten im Hinterkopf: Wir sind schon so lange im Unglück, da wird noch was passieren“, sagt Hannes Panzer, Präsident des Jugendparlaments. Doch als nun feststand, dass UWI, DAF, FDP, IBF und Linke Unterschriften für ein Bürgerbegehren gegen die Alsen-Pläne sammeln, war die Bestürzung dennoch groß. „Ich habe eine außerordentliche Sitzung des Jugendparlaments einberufen und wir haben diskutiert.“ Das Ergebnis ist eindeutig: „Wir sind gegen den Bürgerentscheid.“

Natürlich seien die Jugendlichen für Demokratie, betont der 16-Jährige. „Aber Gremien wie die Ratsversammlung oder auch das Jugendparlament wurden gewählt, um demokratische Entscheidungen zu treffen. Und es gab schon Bürgerbeteiligungen zu Alsen.“ Wenn wie bei „Stuttgart 21“ die Bürger zu tausenden protestieren, dann sei ein Bürgerentscheid gerechtfertigt. „Aber hier scheint es um eigene Interessen zu gehen.“ Die Fraktionen, die in der Ratsversammlung mit ihren Anträgen gescheitert seien, „versuchen jetzt als letzte Waffe den Bürgerentscheid per Unterschriftensammlung zu erreichen“.

Doch das Ganze koste nur wieder Geld und wertvolle Zeit. „Es tritt auf jeden Fall eine Verzögerung ein. Und wir Jugendlichen haben schon zu lange auf ein Haus der Jugend gewartet“, sagt Hannes Panzer. „Jetzt sind wir mal dran.“ Die Jugend – und auch viele andere Bürger – fühlten sich schon „auf den Arm genommen, weil nun alles wieder über den Haufen geworfen werden soll“. Es sei nicht die Schuld der Jugend, dass das alte HdJ am Juliengardeweg im Jahr 2008 „zu einem Spottpreis“ verkauft wurde. „Und es ist nicht unser Fehler, dass an den Schulen nicht renoviert wurde und nun das Geld fehlt. Das ist der Fehler der damaligen Ratsversammlung. Aber wir müssen es ausbaden“, ärgert sich Hannes Panzer.

Warum sollten alle wahlberechtigten Bürger über das Haus der Jugend entscheiden?, fragen sich die JuPa-Mitglieder. „Viele haben mit dem Haus der Jugend gar nichts zu tun.“ Und die Jugend, die es betreffe, habe sich bereits eingebracht. „Wenn das JuPa gemeint hätte, die Jugend sei nicht ausreichend beteiligt worden, dann hätten wir uns schon zu Wort gemeldet.“ Der städtische Haushalt wiederum sei Sache der Ratsversammlung, „dafür ist sie gewählt worden“. Und die Politiker, die dort sitzen, müssten Mehrheitsentscheidungen akzeptieren. „Man muss mit dem Kompromiss leben und ihn durchziehen.“

In der Alsen-Diskussion meine jeder, für die Jugend sprechen zu können, kritisiert Hannes Panzer. „Aber an uns ist nie jemand herangetreten und hat uns gefragt.“ Die Jugendlichen wollen nicht mehr über ihre Köpfe hinweg entscheiden lassen. „Wir werden uns auch mit der Prioritätenlisten auseinander setzen und uns bei den Haushaltsberatungen einbringen“, sagt der JuPa-Präsident. „Wir sind ja auch nicht blöd. Und Ratsherr ist kein Lehrberuf.“ Die Mitglieder der städtischen Gremien seien auch nicht in allen Bereichen Experten.

Wenn man die Jugend so missachte, wie es derzeit passiere, erreiche man nur eines: Politikverdrossenheit. „Dann muss man sich nicht wundern, wenn man von 15 möglichen Plätzen im Jugendparlament nur sieben besetzen kann.“