„Oase für Spinner“: Alsen als Künstler-Refugium

SHZ 23.06.2007
Der Kaufvertrag ist unterschrieben, es soll vorangehen auf Alsen – vielleicht mit Ideen aus dem Architektursommer, die präsentiert wurden.
Itzehoe

– „Und Planet Alsen bewegt sich doch!“, triumphierte Bürgermeister Rüdiger Blaschke bei der Eröffnung der vierten Planet-Alsen-Nacht. Denn der Verwaltungschef hatte gute Neuigkeiten im Gepäck: „Ich habe heute Nachmittag den Kaufvertrag unterschrieben.“ Damit stehe der Gestaltung des gut fünf Hektar großen Geländes der ehemaligen Zementfabrik nichts mehr im Wege.

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Zwischen den Ruinen (v. li.): Prof. Dr. Bernd Kritzmann, Rüdiger Blaschke und Gerhard Tanski
bei der Eröffnung der „Planet-Alsen-Nacht“ zum Archietktur und Kultursommer 2008. Foto: Radajkin

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„Was in diesem Jahr geplant wird, soll nach Möglichkeit auch konkretisiert werden“, so Blaschke. Voraussetzung dafür sei jedoch eine finanzielle Förderung. „Der erste Antrag für 2009 muss bis Oktober in Kiel eingehen.“ Die Kommunalpolitiker müssten schnell handeln. Blaschkes Wunsch: Eine vernünftige Infrastruktur solle geschaffen werden, um in den Gebäuden Veranstaltungen organisieren zu können. „Dazu gehören zum Beispiel sanitäre Anlagen.“

Nach finanziell machbaren Lösungen suchten im Mai die Studenten von Professor Dr. Bernd Kritzmann während ihres einwöchigen Aufenthaltes auf dem Alsen-Gelände. Dabei sollte die Einzigartigkeit und die rustikale Qualität der Gebäude erhalten bleiben. „Wir brauchen auch ein Refugium, in dem sich Künstler austoben können“, forderte der Architektur-Professor von der Hamburger HafenCity-Universität, Alsen solle eine „Oase für Spinner“ werden.

Im gut erhaltenen und teils renovierten alten Magazin präsentierten die Studenten ihre Ergebnisse. Die Grundstruktur des Schlämmbottichs solle unverändert bleiben. Aber um die Fläche bei starkem Sonnenschein oder Regen nutzen zu können, bedürfe es eines Membranfaltdaches, so ein Entwuf von Bastian Große Halbuer. Um den großen Durchmesser von 32Metern zu überbrücken, plante er mit seinen Kommilitonen eine Stahlkonstruktion, die das Faltdach ohne großen Aufwand öffnen und schließen soll. Für Veranstaltungen sei der Raum gut geeignet, aber auch Sprayer könnten sich dort austoben.

Auch über die Nutzung des alten Labors machten sich die Architekturstudenten Gedanken. Ziel war es, eine Benutzbarkeit herzustellen und die Strukturen dabei zu erhalten. Drei verschiedene Nutzungskonzepte arbeiteten Maren Schmidt und Paula Lammel aus: Während das erste Konzept lediglich sechs Wohneinheiten vorsieht, plant ein zweites die Nutzung als Werkraum und Atelier. Alternativ entwarfen die Studenten eine Kombination aus beiden Ideen.
„Man muss sehen, was man daraus machen kann“, meinte Ratsherr Frank Schuchard, der die „Planet-Alsen-Nacht“ besuchte. Einen Reiz sehe er, wenn man aus herausgelösten Projekten wieder etwas Ganzes erkennen könne.

Der Kauf des Geländes und die „Planet-Alsen-Nacht“ seien nur der Beginn, sagte Setus Studt. Er plane, eine Dauerausstellung einzurichten. „Hier soll ein Infozentrum entstehen über das, was hier läuft“, verriet er. Das soll den Fortgang der Entwicklung zeigen und wochentags zwischen 10 und 15 Uhr geöffnet sein.
Für „realisierbar“ hält Blaschke die vorgestellten Ergebnisse der Studenten. Sie sollen dem Bauausschuss und der Lenkungsgruppe präsentiert werden. „Für die Ideen spricht, dass sie sich im Low-Budget-Bereich halten.“ Auch Veranstaltungen auf dem Alsen-Gelände sieht der Bürgermeister positiv entgegen. Es lägen schon mehrere Anfragen im Rathaus vor.

Wie gut Kultur in die Ruinen passt, zeigte sich auch bei der Alsen-Nacht: Im Schlämmbottich luden Klanginstallationen aus Holz und Stahl zum Musizieren ein, Und einen roten Faden spannte der Berliner Autor Hans-Gerd Küper durch das Hauptgebäude. Sein komplettes Romanmanuskript „Königswasser“ hing an einer roten Wäscheleine. Es handelt von einer Liebesgeschichte aus dem Arbeitermilieu und soll im nächsten Jahr veröffentlicht werden. „Der Ort passt und der rote Faden auch“, fand Küper.ANDREAS RADAJKIN