Alsen-Kauf und Abriss beschlossen

Mit knapper Mehrheit hat sich die Ratsversammlung für den Kauf von fünf Hektar Land auf Alsen entschieden. Ruinen werden abgerissen…

,
Quelle SHZ 17.12.2007

 

 

Itzehoe
– Ist es nun „für die Stadt ein schönes Weihnachtsgeschenk“, wie Bürgermeister Rüdiger Blaschke sagte? Oder ein „gravierender Fehler“, vergleichbar mit der Zuschüttung der Störschleife, wie Bauausschussvorsitzender Berndt Doege (CDU) warnte? Fest steht: Auf Alsen wird viel passieren. Gestern Abend hat die Ratsversammlung mit 17:13 Stimmen beschlossen, dass die Stadt für 1,25 Millionen Euro rund fünf Hektar Land auf Alsen-West ankauft. Einige Ruinen werden in den kommenden Monaten abgerissen.

Die viel zu kleine Fläche des Geländes die angekauft werden soll blau markiert

Die Entscheidung fiel mit 14 Stimmen aus der CDU, hinzu kamen die beiden der Unabhängigen und zwei aus dem IBF. SPD, Bündnisgrüne sowie Doege, Hans Patzer und Volker Lohse aus der CDU votierten dagegen. Vorangegangen war eine lange und leidenschaftliche Debatte.

CDU-Fraktionschef Ralph Busch brachte den Antrag ein, der auf den Ergebnissen von Blaschkes Verhandlungen mit den Eigentümern fußte und der im Bauausschuss zwei Tage zuvor keine Mehrheit gefunden hatte (wir berichteten). „Die Bevölkerung in Itzehoe erwartet von uns einen Lösungsansatz“, warb er. „Hier wird er geboten.“ Die Ziele Sport, Kultur, Freizeit und Veranstaltungsfläche, wie sie das „Integrierte Stadtentwicklungskonzept“ vorgebe, könnten im kommenden Architektursommer konkretisiert werden – auch unter Beteiligung der Bevölkerung.
Doege stellte, ausdrücklich als Bauausschussvorsitzender, einen anderen Antrag: Es solle erneut verhandelt werden mit dem Ziel, acht bis neun Hektar zu erwerben. Denn die Fläche sei für die ISEK-Ziele zu klein. Und: Die Gebäude sollten auf ihre Nutzbarkeit untersucht werden.

Eine Flut von Argumenten gegen den CDU-Vorschlag lieferte Rainer Lutz (SPD). 25 Euro pro Quadratmeter, das sei „hoch, sehr hoch“, mehr als zehn Mal so viel wie beim Kauf durch die Eigentümer 1995. Der Spekulationsgewinn fließe sogar steuerfrei. Der „Abriss 2.Klasse“ bis zur Sohle lasse die Stadt mit dem allein, was darunter an Beton warte – und Vorhaben wie einen Sportplatz behindere. Es fehle auch eine Erschließung für Abwasser, und die Investoren bekämen die verkaufte Fläche wieder herein, indem bisher „grüne“ Areale zum Gewerbegebiet würden. Auch Lutz war für weitere Verhandlungen. Sein Fazit: Wer zustimme, vergebe Zukunftschancen. Und: „Es werden Steuergelder verschleudert.“

Dem schloss sich Grünen-Fraktionschef Peter Dawiec an, der an die Entwicklung auf Alsen vor und nach der Kommunalwahl 2003 erinnerte. Tenor: Die CDU sei den Eigentümern immer nur entgegen gekommen, die ihr im Wahlkampf geholfen hätten. Das spreche für gegenseitige Abhängigkeiten, aber nicht für Vertragspartner auf Augenhöhe.
Blaschke verwies auf die Ausgangslage: Die Projekt GmbH habe nicht verkaufen wollen. Der von Lutz zitierte Mehrwert sei geschaffen worden, indem das Gelände als Gewerbegebiet ausgewiesen wurde.
lars peter ehrich

„Wir können uns nicht ständig im Kreis drehen“ Ratsversammlung beschließt Ankauf von Fläche auf Alsen – Blaschke betonte, wie auch Redner aus der CDU, dass die Bevölkerung darauf warte, dass der städtebauliche Missstand beseitigt werde. Die fünf Hektar hätten einen „sinnvollen Zuschnitt“, das Gelände könne mit den darin liegenden Fundamenten nach dem oberirdischen Abbruch genutzt werden, heiße es in Gutachten. Geplantes Gewerbe bringe Arbeitsplätze. Befürchtungen zur künftigen Entwicklung, auch hinsichtlich der Natur, trat Blaschke entgegen: Die Stadt habe die Planungshoheit.

Und schließlich: Mit einer größeren Fläche übernehme man sich finanziell, sie wäre aus seiner Sicht auch kaum verhandelbar: „Ich habe den Eindruck, die Sache ist so, wie sie hier auf dem Tisch liegt, ausgereizt.“Wie Blaschke erinnerte IBF-Fraktionschef Hans-Joachim Gründel an den langen Stillstand auf Alsen. Auch er sei mit dem Verhandlungsergebnis nicht zufrieden, aber: „Irgendwann müssen wir eine Entscheidung treffen. Wir können uns nicht ständig im Kreis drehen.“ Allerdings plädierte er dafür, „Nachverhandlungsbedarf zu formulieren“, um dann kurzfristig zu entscheiden.Daraufhin warf Dieter Eisenmann (CDU) Gründel – der später mit der CDU stimmte – „Ausweichen vor Verantwortung, heute eine klare Entscheidung treffen zu müssen“ vor. Er nannte als für ihn selbst ausschlaggebend den Ausschluss von Einzelhandel und die Tatsache, dass für den Fall, dass der Kauf noch scheitert, mit einem förmlichen Sanierungsverfahren gedroht wird. Wer dieses wolle, ergänzte Karl-August Geest (CDU), müsse der Bevölkerung aber sagen, dass es auf Alsen noch etliche Jahre dauern werde.SPD-Fraktionsvorsitzender Hagen Rettke sah keinen Grund zum eiligen Abschluss „unter diesen grottenschlechten Bedingungen“. Blaschke habe klar gemacht, dass es die Verhandlungen erleichtert habe, als die Stadt mit dem ISEK Ziele für Alsen festlegte. Ihn mit dem Hinweis auf ein mögliches Sanierungsgebiet in weitere Verhandlungen zu schicken, könne auch so eine „Kraftquelle“ sein. Heinz Köhnke (CDU) dagegen nannte Alsen ein „Alleinstellungsmerkmal“, aber ein negatives, und verwies auf das Fehlen einer Veranstaltungsfläche.Pause, die CDU tagte intern. Danach wurde Doeges Antrag mit 17:13 abgelehnt – und der Kauf mit gleichem Ergebnis beschlossen.