Leserbriefe 2.9.2017 (Norddeutsche Rundschau)
Im Sommerinterview spricht Bürgermeister Andreas Koeppen über die Zukunft von Störauf, den Wohnungsmarkt und den Rechtsstreit mit Planet Alsen
Herr Bürgermeister, Anfang September geht die Sommerpause zu Ende und die politischen Gremien tagen dann fast im Tagesrhythmus. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Themen der kommenden Monate?
Andreas Koeppen: Für mich ist das wichtigste Thema die Innenstadt. Es haben auch in der Sommerpause Gespräche zu diesem Thema bei mir stattgefunden. Es geht nicht nur um die Städtebauförderung, sondern auch um das Holstein Center. Im Moment stehen die Chancen ganz gut, dass das Gebäude in andere Hände kommt. Ein Interessent ist dabei, Pläne zu entwickeln und möchte auch mit uns als Stadt zusammenarbeiten. Das ist in meinem Sinne, weil wir dort dann auch möglicherweise Dinge unterbringen können, die von den Bürgern sehr gewünscht werden. Spruchreif ist das aber erst, wenn die Tinte unter den Notarverträgen trocken ist. Ich bin aber vorsichtig optimistisch.
Auf der anderen Seite der Innenstadt rund um die Breite Straße ist im vergangenen Jahr viel passiert – auch in Richtung Städtebauförderung. Wie geht es da weiter?
Erstmal bin ich froh, dass Behrens und Haltermann den Umzug wie geplant schaffen wird und wir ein neues Modehaus mit zusätzlichen Angeboten erleben werden. Die Teile der Innenstadt, in denen der Fahrzeugverkehr wieder fließt, entwickeln sich zum Positiven. Das hat einen Augenblick gedauert, wir sehen aber insgesamt in der Breiten Straße eine sich verbessernde Situation, ebenso wie in der oberen Feldschmiede.
Für das Projekt Störauf hat Kiel finanzielle Unterstützung abgelehnt.
Das Thema Störauf werden wir als Stadt versuchen, selber zu bewegen. Ich werde mich weiter dafür einsetzen, dass wir Wasser um das Theater herum bekommen – als allerersten Schritt hin zu einer Verbesserung unserer Innenstadt. Es ist eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben worden, mit der wir feststellen werden, was technisch umsetzbar ist und wie die Kostensituation sich darstellt. Die Städtebauförderung ist in diesem Bereich noch mit im Boot, obwohl die Signale an uns weitergegeben wurden, dass sie sich nicht in der Lage sehen, mitzufinanzieren. Ich habe das zuständige Kieler Innenministerium angeschrieben und um schriftliche Antwort gebeten. Diese liegt noch nicht vor.
Sie haben jetzt sehr diplomatisch geantwortet. Bisher hatte man für Störauf ja schon auf die Städtebauförderung gesetzt. Ist es überhaupt denkbar, dass die Stadt dieses Projekt selbst finanziert?
Grundsätzlich tun wir uns in Schleswig-Holstein viel zu schwer mit der Städtebauförderung. Mehr Offenheit für die Belange der Städte wäre wünschenswert. Ich finde, da wird in Kiel viel zu restriktiv gearbeitet. Denn diese Gelder können viel Gutes bewirken. Was Störauf angeht, so erscheint dies nach allerersten Erkenntnissen finanzierbar. Aber das prüfen wir ja jetzt mit der Machbarkeitsstudie. Die Ergebnisse liegen hoffentlich Ende des Jahres vor.
Itzehoes Stadtmanagerin Frau Keune-Sekula hat zuletzt erklärt, Störauf sei die einzige Möglichkeit, die Innenstadt nachhaltig attraktiver zu machen. Gibt es tatsächlich nur diesen Plan A?
Störauf ist ein zentrales Projekt. Wenn es sich tatsächlich nicht realisieren lässt, darf man aber die Flinte nicht ins Korn werfen. Dann müssen wir uns etwas anderes einfallen lassen und einen B-Plan entwickeln.
Wir hören häufig aus der Bevölkerung, dass bezahlbarer Wohnraum gerade im unteren Preissegment in Itzehoe extrem knapp ist. Muss im Bereich Sozialer Wohnungsbau mehr getan werden?
Ich sehe das genauso. Wir brauchen mehr bezahlbaren Wohnraum. Wir haben durch die Migrations- und Fluchtsituation kaum mehr städtischen Wohnraum. Die Leerstandsquote ist dramatisch gesunken. Wir haben überdies Nachfrage nach bezahlbarem und modernem Wohnraum. Den könnten wir als Stadt mit dem Projekt Suder Höhe bereitstellen. Es ist fertig durchgeplant und wäre ein rentables Objekt. Ich stehe zur Verfügung, es umzusetzen. Nun bedarf es der politischen Beschlüsse.
Diskutiert wird ja auch über Neubaugebiete – speziell über das mögliche Gebiet Eichtal/Kratt. Die Stadt sucht seit längerem einen privaten Investor. Wie ist da der Stand der Dinge?
Private Investoren sind bei Eichtal/Kratt zurückhaltend. Wenn sie Interesse haben, werden Bedingungen genannt, die zwar wirtschaftlich nachvollziehbar sind, aber für uns nicht einfach umzusetzen wären. Insofern ist es richtig, alternativ zu prüfen, ob wir das nicht als Stadt selber umsetzen können. Das Problem, was wir auch dort haben, wie überall mittlerweile, ist, dass es viele Belange zu berücksichtigen gilt – insbesondere, was den Naturschutz angeht. Das soll auch so sein. Aber es ist eine wirkliche Herausforderung, heute Baugebiete auszuweisen. Wir sehen ja ähnliches bei Autobahnen und anderen Projekten landauf landab. Wir müssen aufpassen in diesem Land, dass wir die zu Recht bestehenden Bedürfnisse nach Natur nicht über alles ordnen und in einen Stillstand geraten. Wieder zu einem Maß zurückzufinden, mit dem wir alle gut leben können, ist eine Herausforderung für Bundes- und Landespolitik.
Eine Alternative zu großen Baugebieten kann die so genannte Nachverdichtung, also die Nutzung von bereits bebauten Grundstücken innerhalb der Stadt sein. Kann die Stadt da mehr tun, um dies auch für private Investoren attraktiver zu machen?
Die Nachverdichtung ist ein mühseliges und kleinteiliges Geschäft mit Instrumentarien, die wir erst schaffen müssen. Ein größeres Baugebiet macht durchaus Sinn. Und eins darf man auch nicht vergessen: Im Eichtal/Kratt waren ja bereits Bauten auf den heute verlassenen Kleingartenparzellen. Wenn dort Einfamilienhäuser gebaut werden, entsteht eine ähnliche Situation wie zuvor: Da war ein genutzter Garten mit einem Gebäude und nun entsteht wieder ein genutzter Garten mit einem Gebäude. So groß sind die Unterschiede für mich da nicht.
Großen Bedarf hat Ihre Verwaltung auch im Bereich der Kinderbetreuung festgestellt. Die Politik ist dieser Einschätzung nicht gefolgt. Wie geht es in diesem Bereich weiter?
Wir schaffen neue Kita-Plätze bei IzzKizz, der Beschluss ist gefasst. Darüber hinaus haben wir als Verwaltung den weiteren Bedarf dargelegt. Uns ist lange prognostiziert worden, dass wir eher weniger Kinder in der Zukunft haben werden. Nun stellt sich die Lage anders da. Jetzt müssen wir gemeinsam mit der Politik abwägen, ob jetzt noch ein weiterer Kindergarten gebaut werden soll und wenn ja, wo und in welchem Umfang. Natürlich muss bei all dem bedacht werden, dass die Eltern einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung haben. Richtig ist aber auch, dass die Kosten für Kommunen sich in diesem Bereich in den letzten Jahren vervielfacht haben. Wenn ich erstmal Strukturen und Gebäude geschaffen habe, die man in zehn Jahren doch nicht mehr in dem Umfang braucht, stellt sich die berechtigte Frage, was man mit diesen Strukturen und Gebäuden macht. Ich finde, das ist schon aller Mühe wert, sich darüber klar zu werden.
Mühe bereitet im Moment auch der Streit mit dem Verein Planet Alsen. Die Stadt hat als Eigentümerin des Geländes Räumungsklage eingereicht. Gegen diese werden nun Unterschriften gesammelt. Wie geht es aus Ihrer Sicht weiter mit Planet Alsen?
Also zunächst zur Unterschriftenaktion: Dort wird den Menschen suggeriert, dass wir den Verein Planet Alsen rausschmeißen wollen. Das ist falsch. Es wird den Leuten mit falschen Erklärungen eine Unterschrift abgeluchst. Wir wollen den Verein nicht los werden, sondern einen ganz normalen, fairen Pachtvertrag schließen. Jetzt gibt es einen Vertrag, durch den die Stadt alle Pflichten und der Verein alle Rechte hat. Das kann nicht richtig sein. Es gab zahlreiche Gespräche mit dem Verein, aber bei diesem Thema kommen wir nicht weiter.
Was passiert, wenn Sie Recht bekommen? Muss Planet Alsen seine Arbeit dann einstellen?
Nein, das ist nicht die gewünschte Lösung. Wenn wir bei Gericht Recht bekommen, werden wir versuchen, mit dem Verein einen ganz normalen Vertrag zu schließen, aber mit einer Zielsetzung, die der Verein auch kennt: Nämlich, dass wir ein bisschen mehr machen aus dem Gebäude. Denn es gibt Bedürfnisse in dieser Stadt nach einem mittelgroßen Veranstaltungsraum. Wir würden das Gebäude dazu gerne ertüchtigen – gemeinsam mit Planet Alsen. Und der Verein soll sein Projekt fortführen können. Aber das geht nur mit einem Vertrag, der nicht einseitig ist.
Interview: T. Stegemann/D. Gravert