Ideen-Schmiede zwischen Ruinen

shz 23.07.11 von Katrin Götz

Studenten entwerfen beim Architektursommer Konzepte für Alsen und das Inefa-Gelände.

Itzehoe hat nichts zu bieten – da muss man schon nach Hamburg fahren? Professoren und Studierende der HafenCity-Universität Hamburg wählen Jahr für Jahr den umgekehrten Weg: Sie kommen nach Itzehoe, um sich beim Kultur- und Architektursommer auf Alsen mit der Stadt zu beschäftigen.

Intuitiv  gebaut (v.li.): Eimo Cremer, René Schneiders und Bernd Kritzmann (2. v. re.) mit Studenten in einer "Wohnung" aus Holzlatten. Foto: Götz
Intuitiv  gebaut (v.li.): Eimo Cremer, René Schneiders und Bernd Kritzmann (2. v. re.) mit Studenten in einer „Wohnung“ aus Holzlatten. Foto: Götz

„Itzehoe ist ideal“, sagt Prof. Dr. Bernd Kritzmann, der die Studenten mit seinen Kollegen Dieter Simon und René Schneiders betreut. „Wir haben alles hier – von einem historischen Kern bis zu einer charmanten Fußgängerzone. Man kann alles in Diskussionsspaziergängen abgehen.“ Und Alsen liege zwar dicht an der Stadt, biete aber gleichzeitig genügend Ruhe und Rückzugsraum für konzentriertes Arbeiten. Auch an Problemen, die die Studenten bearbeiten können, mangelt es nicht in der Stadt. Und es handelt sich um echte Orte und Personen, nicht nur theoretische Vorstellungen.

So stand für einen Teil der 17 Studenten in den vergangenen Tagen das Inefa-Gelände im Mittelpunkt. Die Studenten sollten sich Konzepte für das brach liegende Gelände überlegen. Im Wintersemester soll das Thema intensiviert werden. Nicht jede Idee sei umzusetzen, weiß Kritzmann. „Die Studenten denken frei, nicht in Grundstücksgrenzen oder rechtlichen Rahmen.“ Doch es könnten durchaus Anregungen für die Stadt herauskommen. Diesen Aspekt betonte auch Bürgervorsteher Heinz Köhnke beim Empfang der Studenten.

Eine zweite Gruppe entwarf unter dem Titel „11_qm_box“ Unterkünfte für eine Freifläche neben dem Schlämmbottich auf dem Alsen-Gelände, die Künstlern zeitweise als Behausung dienen könnten. In einem Workshop mit dem Künstler Eimo Cremer schufen sie aus Latten Räume. Es entstand neben einer Art Tipi auch ein kleines Häuschen, das dem Betrachter mit etwas Fantasie alles bietet – von der Wohnstube samt Wand-Bild bis zur Kochnische. Sogar an ein Außengehege mit Schaf wurde gedacht.

Kritzmann hat keine Probleme, genügend Studenten für den Architektursommer zu motivieren. Und auch diesmal waren die Teilnehmer begeistert. „Für uns ist es was Neues, sich stadtplanerisch derart auszutoben“, sagt Annika Struve (24), die aus Wilster stammt. „Die Ruinen sind echt spannend und schön als Arbeitsplatz.“ Das Alsen-Gelände habe eine ganz eigene Atmosphäre – „da arbeitet man gerne“. Und auch das Rahmenprogramm, zum Beispiel eine Party mit Live-Musik, sei toll.

Dennis Kirschning (32) aus Itzehoe fand es schön, dass der Architektursommer „mal was anders ist als das Studium an der Uni“. Es sei spannend gewesen, etwas intuitiv zu schaffen und „einfach mal was zu machen“.

Themen für weitere Itzehoe-Projekte gibt es reichlich. „Zum Beispiel die Vernetzung von Alsen mit der Innenstadt oder ein umfassendes Kulturmanagement“, zählt Kritzmann auf. Er geht davon aus, dass im kommenden Jahr auch wieder weitere Hochschulen dabei sind.

Dass sie hochwillkommen sind, macht Bürgermeister Dr. Andreas Koeppen deutlich. Er hat sich die Ideen der Studenten angeschaut, die im Oktober auch bei einem Präsentationstag auf Alsen vorgestellt werden. „Es ist sehr positiv, was da läuft.“ Jede Sicht von außen sei hilfreich – und zudem rücke Alsen dadurch in den Blickpunkt. „Es kann Impulse für die Stadt und Anregungen für die Entwicklung auf Alsen geben.“

Die sieht Bernd Kritzmann mit gemischten Gefühlen. „Ich freue mich, dass sich was entwickelt. Aber es wird sich alles ändern. Ich bin gespannt, wie dieses Milieu in zehn Jahren aussieht.“ Ob der „morbide Charme“, der auch die Fantasie anrege, erhalten werden könne. Setus Studt vom Verein „planet alsen“ hofft es sehr: „Wir müssen kreativen Freiraum behalten.“