Alsen-Lettern kehren zurück

Vor fünf Jahren demontierten Hamburger Sprayer den Schriftzug „Werk Itzehoe“ von einer Ruine auf dem Alsen-Gelände. Jetzt wurden die elf Buchstaben zurückgebracht.

Itzehoe- (12. April 2007)

– Den umfangreichen Fundus des Fördervereins Planet Alsen hat der Hamburger Fabian Meyer-Kutta (31) jetzt um elf historische Blechbuchstaben erweitert. „Werk Itzehoe“ ist der Rest des ursprünglichen Schriftzuges „Alsen’sche Portland-Cement-Fabriken KG Werk Itzehoe“, der einst in rund zehn Metern Höhe am Packboden, einem der alten Zementfabrik-Gebäude, befestigt war.

Der Förderverein Planet Alsen übernahm die Buchstaben, die hier einst in luftiger Höhe hingen: Gerd Scheffler, Gerhard Tanski, Jörg Burmeister, Fabian Meyer-Kutta, Setus Studt und Jens Hahn (von links).
Lettern sind zurück auf Alsen

 Fabian Meyer-Kutta (Künstlername „Gery 172“) und sein Freund Dirk mit dem Sprayer-Pseudonym „Fase one“ hatten sich im Herbst 2002 zur „Rettung“ der verbliebenen Buchstaben verabredet, als sie erfuhren, dass die Mauer mit dem Schriftzug abgerissen werden sollte. Sie besorgten sich von einem Gebäudereiniger eine acht Meter lange Leiter. Auf der höchsten Sprosse stehend, reckte sich „Fase one“ in die Höhe und schlug mit einem Hammer die Lettern von der Wand.

Orginal Lettern auf Alsen

„Unter der Leiter stand ich und fing die Buchstaben auf“, erinnert sich Fabian Meyer-Kutta an die halsbrecherische Aktion. Einen Tag später wurde der Gebäudeteil abgerissen. Der Schriftzug war danach, gemeinsam mit anderen Relikten und Fotografien aus der Alsen’schen Zementfabrik, Teil der Ausstellung „Lackspuren“ in Salzhausen, in der „Gery172“ seine Graffiti präsentierte. Mit der Rückgabe des Schriftzuges „Werk Itzehoe“ möchte er auch an seinen Sprayerfreund Dirk „Fase one“ erinnern, der 2004 im Alter von 33 Jahren gestorben ist.

Fabian Meyer-Kutta fühlte sich seit seiner Kindheit mit dem Zementwerk verbunden. „Immer, wenn ich meine Großmutter in Wilster besuchte, fuhren wir hier vorbei. Die Dächer und Bäume im Umfeld der Fabrik waren weiß von Zementstaub“, erzählt er. 1993 war er unter den ersten Sprayern Norddeutschlands, die nach Itzehoe fuhren, um hier auf dem Ruinengelände legal zu sprayen. Für den Hamburger, der Bundeswehrsoldat ist, wurde das Sprayen zum Lebensinhalt. Er war jahrelang fast jedes Wochenende auf Alsen, um hier zu arbeiten und Gleichgesinnte zu treffen. „Wir haben mit Schlafsäcken in den alten Meisterbuden übernachtet.“ Schon längst sei die Alsen-Fabrik international ein Begriff unter Sprayern: „Sie kommen aus dem Ruhrgebiet, aus Holland, Australien, Brasilien, Chile und Paraguay hierher. Selbst der Godfather of Graffiti, der New Yorker ‚Seen‘, war hier, um zu malen.“

Meyer-Kutta besuchte die Sprayer-Metropolen der Graffiti-Kultur, wie Amsterdam, Brüssel, Paris, Barcelona. Er erlebte und dokumentierte den Wandel dieser Kunstform und die industrielle Entwicklung des Sprayermaterials, wie Farben, Spraydosen und Düsen.

„In all den Jahren, die ich Graffiti mache, ist mir aufgefallen, dass die Bürger oft gar nicht wissen, was Graffiti ist und welche Kultur dahinter steckt. Wir malen nicht einfach Wände bunt, sondern zelebrieren diese Kunst, wir kommunizieren weltweit miteinander, tauschen Adressen und Graffiti aus.“

Bei der Übergabe der Buchstaben an den Förderverein Planet Alsen war dessen Vorsitzender Setus Studt so fasziniert von den Kenntnissen des Hamburgers, dass er ihn bat, im nächsten Jahr eine Aktionswoche zum Thema Graffiti auf Alsen vorzubereiten. Fabian Meyer-Kutta sagte seine Zusammenarbeit mit dem Kulturverein zu.

INGRID SCHWICHTENBERG