Schüler verfilmen Kurzgeschichten von Borchert auf Alsen

shz 11.01.2010

Dreharbeiten auf Alsen

 Dreharbeiten auf Alsen (v. r. ) Kameramann und Autor André Oswald filmt den Jungen (Torben Schack) und den alten Mann (Maximilian Brüning) für "Nachts schlafen die Ratten doch" Foto: bwe

Erste Szene: "Das Kind und die Schuttwüste." Man sieht ein zusammengestürztes Haus, zerbröckelte Fassade, Schutt und Niemandsland. Auf diesem Schutt sitzt ein dösender Junge in zerlumpten Klamotten. Kameratotale. Von links hört man Schritte. Der Schatten eines Menschen fällt auf den Kopf des Jungen. Er blinzelt. Perspektivwechsel der Kamera. Ein alter Mann fragt den Jungen: "Du schläfst wohl, was?" Der Junge blinzelt und antwortet: "Nein. Ich muss … aufpassen." Aufpassen, dass die Ratten seinen von Trümmern verschütteten Bruder nicht fressen. Die Szene ist aus "Nachts schlafen die Ratten doch", einer Kurzgeschichte von Wolfgang Borchert. Neben anderen Stücken haben sich die Schüler des Wahlpflichtkurses "Literarische Werke und ihre Verfilmung" von der Wilhelm-Käber-Schule mit diesem bekannten Beispiel für Trümmerliteratur auseinander gesetzt, um es dann als Höhepunkt ihres Kurses zu verfilmen.


Zuvor hatten sie Texte wie "Die Welle", "Die Farm der Tiere" oder "Der Herr der Ringe" gelesen und die Filme dazu gesehen, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Buch und Film herauszuarbeiten. Um die Jugendlichen an das Lesen heranzubringen, wäre Film ein gutes Medium, erklärt Bettina Eggers, die den Kurs leitet. Viele ihre Kursteilnehmer wären gar keine großen Leser, aber voller Interesse dabei gewesen. Eine Erfahrung, die alle machten: Der Film hält oft nicht das, was das Buch verspricht.

Dann kam die Idee, selbst ein Stück Literatur zu verfilmen, um zu sehen, wie man die Umsetzung meistern würde. Kurzgeschichten mit wenigen Handelnden und wenig Handlung wären da natürlich besonders geeignet, sagt Eggers. Die Verfilmung erforderte einen ganz anderen Zugang der Schüler zum Stoff. Sie hätten viel genauer lesen müssen und sich mit dem Inhalt intensiv beschäftigen, um zu erarbeiten, was sie wie umsetzen könnten. Die Positionen wurden aufgeteilt: Schauspieler, Regie, Kamera. Drehbücher mit detaillierten Kameraanweisungen und Dialogen wurden geschrieben. Die Technik zu beschaffen, war für die Jugendlichen die kleinste Übung. Als passender Schauplatz für das Trümmerthema wurde Alsen in Itzehoe gewählt.

In drei kleinen Gruppen machten sich die Neunt- und Zehntklässler auf die Suche nach dem geeigneten Hintergrund, vor dem sie intensiv und hoch konzentriert filmten: Szenen, Umgebungsbilder, Nahaufnahmen und Totalen.

Mehr oder weniger zufrieden wurden die Filmarbeiten abgeschlossen. "Es war ein bisschen holperig. Der Text hat nicht so gesessen", kritisiert sich Tobias Sosnowski, der den alten Mann in seiner Gruppe spielt. Mit vollen Kameras und sehr motiviert ging es nach Hause an die Nachbearbeitung. Die Filme müssen noch geschnitten werden. Die Gruppe um Kameramann André Oswald will noch eine extra Tonspur einspielen, für den besseren Klang. Aber dann steht einer öffentlichen Vorführung in der Schule nichts mehr im Weg.