Itzehoer Amtsgericht verhandelt über Räumungsklage der Stadt gegen Kulturverein Planet-Alsen. Urteil für 19. März angekündigt.
„Ich finde, das sieht man sogar aus dieser Distanz.“ Rechtsanwalt Axel Salander sitzt im Saal 5 des Amtsgerichts, sein Kollege Ulrich Leo auf der anderen Seite einige Meter entfernt. Er hält eine Skizze hoch – und auf dieser, meint Salander, ist deutlich zu erkennen, welches Gelände der von ihm vertretene Verein Planet-Alsen nutzen darf. Leo ist ganz anderer Meinung. Es ist eines der wesentlichen Argumente des Anwalts der Stadt für die Räumungsklage gegen den Kulturverein. Die mündliche Verhandlung vor dem Amtsgericht läutet gestern nach viel Schriftwechsel die heiße Phase ein.
Stadt wollte Pachtvertrag überarbeiten
Mehr als zehn Jahre liegt die Ursache für den Streit zurück: Die Stadt kaufte 2008 rund fünf Hektar des Alsen-Geländes und übernahm dabei den Pachtvertrag, den der Verein Planet-Alsen zuvor mit der Schulenburg-Grundstücksgesellschaft, einer Holcim-Tochter, geschlossen hatte. Durfte sie das überhaupt? Eine der Streitfragen. Der Vertrag enthält die Bestimmung, dass der Verein ihn einseitig verlängern kann. Die fehlende Möglichkeit zur Kündigung ist ein Hauptgrund dafür, dass CDU und SPD eine Änderung anstrebten – Ziel sei ein Vertrag auf Augenhöhe. Als das nicht gelang, folgten Kündigung und Räumungsklage.
Letztere wurde vor mehr als anderthalb Jahren eingereicht. Im Amtsgericht will Richterin Anne Winkler wissen, ob beide Seiten noch über einen Vergleich verhandeln. Der Verein erwarte Bewegung der Stadt, damit das von ihm genutzte Gebäude für Veranstaltungen genutzt werden könne, betont Salander. Leo erklärt: „Wir liegen einfach zu weit auseinander. Wir brauchen eine Entscheidung des Gerichts.“
Warum das sein muss, versteht Salander nicht. „Die Stadt wusste ganz genau, als sie dieses Grundstück kaufte, worauf sie sich da einlässt.“ Sie habe sich zu Recht mit dem Verein geschmückt, bis sich die Politik eingemischt habe. Wenn Planet-Alsen das Gelände verlassen müsse, sei der Verein erledigt – und die Stadt zerstöre wieder einmal mutwillig ein Engagement und eine Institution, die wichtig für sie sei: „Ein trauriges Bild.“
Man befinde sich nicht in der Ratsversammlung, kontert Leo. Es gehe um juristische Fragen: Der Vertrag zwischen Verein und Schulenburg GmbH sei „dilettantisch“, sagt der Anwalt der Stadt. Die verpachtete – oder doch vermietete? – Fläche solle nach dem Vertragstext schraffiert sein, sei aber nur umrandet. Auch wenn Salander sagt, sie sei auch von unbeteiligten Dritten wie dem beauftragten Vermesser gut zu erkennen, betont Leo: Die Schriftform sei nicht gewahrt, die einen Käufer schützen solle.
Richterin rechnet mit Berufung
Es ist eine von mehreren Einzelfragen, die rechtliche Konstellation sei nicht einfach, sagt Richterin Winkler. Jede Richtung sei vertretbar. Ihre „grobe vorläufige Einschätzung“: Die Kündigung durch die Stadt sei nicht rechtens. „Aber das ist mit Vorsicht zu genießen.“ Das Urteil will sie am 19. März verkünden, macht aber klar: Wer auch gewinnt, sie rechnet mit einer Berufung.
Bisher sei die Aussage der Richterin nur eine Tendenz, sagt Stadtsprecher Björn Dethlefs auf Anfrage. Man sehe gute Chancen, dass das Gericht die „gut durchdachte und stringente Argumentation“ sehen werde. Anwalt Leo spricht bereits im Saal von einer möglichen zweiten Instanz.
Die für den Verein positive Aussage der Richterin hat Vorstandsmitglied Jürgen Dahlkemper neben Salander sitzend zur Kenntnis genommen. Und wenn das Urteil doch anders ausfällt? Noch sei über eine mögliche Berufung nicht entschieden, aber: „Die Tendenz ist bei uns auch, dass wir nicht kampflos aufgeben.“
Lars-Peter Ehrich
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